Nach einer längeren Pause wieder
einmal eine Buchbesprechung. Diesmal geht es um „The Gift of Fear
and other Survival Signals That Protect Us from Violence“ von Gavin
de Becker.
Zuerst einmal eines vorneweg. Das Buch
hat jetzt unmittelbar nichts mit Selbstverteidigung zu tun.
Stattdessen geht es darum, wie man verhindert, dass man überhaupt in
die Situation kommt, in der man ein Opfer von Gewalt werden könnte.
The Gift of Fear / Gavin de Becker
GdB argumentiert damit, dass die
meisten Gewaltsituationen sich ankündigen. Ein Angriff aus heiterem
Himmel ist die Ausnahme und nicht die Regel. Wir nehmen nur die
Warnhinweise nicht rechtzeitig wahr. Denn unsere Intuition warnt uns
– unter anderem durch Furcht, aber es könnte auch eine Vorahnung,
Zweifel, ein Bauchgefühl oder Galgenhumor sein. Dafür verarbeitet
unser Unterbewusstsein laufend Signale aus der Umgebung und hat die
Gleichung schon lange aufgelöst, bevor das erste Signal eines
drohenden Konflikts bewusst wahrgenommen wird und die Situation
eskaliert. Dummerweise werden diese Nachrichten vom Unterbewusstsein
nach Ansicht von GdB oft ignoriert, weil wir es verlernt haben, diese
auch richtig zu interpretieren – weil wir eben die vielen
vorhergehenden Signale nicht bewusst bemerkt haben.
Eines der zentralen Elemente des Buches
ist nun, dass man die vielen Warnsignale oder Pre Incident Indicators
erkennt und zuverlässig einordnen kann – und damit auch mehr
Vertrauen in seine Intuition erlangt und aufgrund dieser dann auch
handelt. In diesem Zusammenhang geht GdB davon aus, dass wir laufend
dabei sind Vorhersagen zu treffen. Je mehr relevante Informationen
wir haben, desto besser sind unsere Vorhersagen. Und GdB gibt dann
auch eine Menge Beispiele zu verschiedenen Bedrohungsszenarien, wie
man Vorhersagen treffen kann – angefangen bei
Schusswaffen-Attentaten am Arbeitsplatz oder in der Schule, bis
Beziehungstaten. GdB gibt aber auch praktische Anleitungen, wie man
mit potenziell gefährlichen Situationen umgehen kann, um eine
Eskalation zu vermeiden. Dabei geht der Autor immer wieder speziell auf die Situation von Frauen ein. Generell kann sich GdB auf einen reichen Erfahrungsschatz stützen. So ist sein
Unternehmen Gavin de Becker & Associates seit Jahrzehnten im
Personenschutz und in der Risikobewertung bzgl persönlicher
Bedrohungen tätig.
"The Gift of Fear" bezieht sich auf die
Situation in den USA der 90er (Das Buch erschien erstmals 1997). Dennoch ist das Buch noch immer aktuell und aus SV-Perspektive absolut lesenswert. Persönlich am interessantesten fand
ich die Anleitung, wie man das Vertrauen zu seiner Intuition aufbaut.
Weitere wichtige Punkte waren explizite Beispiele für Pre Incident Indicators wie z.B.
„Forced Teaming“; „Loan Sharking“ oder wie man Kommunikation
in den richtigen Kontext setzt. Viele der Methoden von GdB sind 1:1 auch
für Europa zu übersetzen, wenn auch das Buch dezidiert für den
US-Markt geschrieben wurde.
The Gift of Fear, Gavin de Becker; Dell
Publishing, Random House; 1997 – Taschenbuchausgabe, 420 Seiten.
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