Samstag, 11. Januar 2014

1. Buchrezension: Rory Miller – Facing Violence

Es gibt eine unübersichtliche Vielzahl an Veröffentlichungen zum Thema Selbstverteidigung. Unglücklicherweise gehen viele der Titeln nicht über „Mein Budo ist besser als dein Budo“ hinaus. In den kommenden Monaten wollen wir daher einen Blick auf das Angebot werfen und unsere Favoriten vorstellen.



Ein erstaunlich kompaktes Buch, das sich hier aus der Masse heraushebt, ist „Facing Violence“ von Rory Miller. Der Autor betreibt nicht nur seit vielen Jahren Martial Arts, als Officer im US-Strafvollzug verfügt er auch über ein gerütteltes Maß an Praxis – und er kennt gewissermaßen die Gegenseite. Mit Facing Violence hat er ein unbedingt lesenswertes Buch für jeden geschrieben, der sich mit dem Thema Selbstverteidigung auseinandersetzt, denn Rory Miller konzentriert sich nicht auf die sonst üblichen bei Angriff A erfolgt Abwehr X-Abhandlungen. Stattdessen behandelt Rory Miller das Thema Selbstverteidigung mit sieben Kapiteln in seiner Gesamtheit: Das reicht von 1.) den gesetzlichen Voraussetzungen der Notwehr und den ethischen bzw persönlichen Grenzen eines jeden einzelnen, über 2.) die Dynamik einer SV-Situation, wie man 3.) getreu des Grundsatzes „Ein vermiedener Kampf, ist der beste Kampf“ sich einer bedrohlichen Situation entzieht, wie man 4.) seine Reflexe spezifisch auf eine SV-Situation hintrainiert, um mit einem plötzlichen „Encounter“ umzugehen, um 5.) den Schock zu überwinden, der fast immer in einer stressigen SV-Situation einsetzt, 6.) den Kampf selbst, bis 7.) hin zu den Folgen eines Kampfes – legal, psychologisch und gesundheitlich.
Der Schreibstil ist trocken und manchmal humorvoll, doch Miller fasst seine Leser nicht mit Glaceehandschuhen an. Er ist offen und manchmal in seinen Schilderungen brutal ehrlich. Dafür erhält der Leser einen sehr guten Einblick in die Motivation von Gewalttätern. So war für mich der Blick der „Threat“ auf die „Ressource“ - Geld, materielle Vorteile oder Macht über das Opfer – ,und welche Konsequenzen sich daraus ergeben, ein wichtiger Denkanstoß. Weitere wichtige Lehren betreffen ua das Training und die Aufmerksamkeitsschulung.
Das Buch ist sehr US-lastig. Das kommt unter anderem bei den Ratschlägen zu den legalen Rahmenbedingungen zum Tragen. Das schmälert allerdings nicht den Wert des Buches. Seine Ratschläge - zB zu den rechtlichen Rahmenbedingungen - sind auch für europäische Leser als Denkanstoß von Nutzen. Alles in allem ein höchst empfehlenswertes Buch, das jeder Budo-Sportler, SV-Interessierter und -Trainer zumindest einmal lesen sollte.

Dominik Schebach

Facing Violence, Preparing for the Unespected, Ethically, Emotionally, Physically (… and without going to Prison); Rory Miller: YMAAPublication Center, 2011; 223 Seiten.

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